Jerry Leger: Donlands – Albumreview

Jerry Leger by Laura Proctor

Der kanadische Songwriter Jerry Leger wird immer besser. Auch sein neues Album „Donlands“ entpuppt sich als Kandidat für die Jahresendliste.

von Gérard Otremba

Als ich die Musik von Jerry Leger 2019 entdeckte, war relativ klar, dass es sich um eine langjährige Freundschaft handeln würde. Und im Verlauf der letzten vier Jahre machte es Leger einem relativ leicht, die Liebe zur seiner Musik zu intensivieren. Vom Nachklapp seines Albums „Nonsense And Heartache“ mit „The Big Smoke Blues“ über das großartige Album „Time Out Of Tomorrow“ und die „Songs From The Apartment“-Homerecordings während der Corona-Frühphase, bis hin zum wunderbaren 2022er-Werk „Nothing Pressing“: der kanadische Songwriter tauchte tief in die Singer-Songwriter-Folk-Rock-Americana-Gefilde und entzückte viele, die an der Musik von The Band, Bob Dylan, Neil Young, Gram Parsons, Roy Orbison und auch Bruce Springsteen hingen.

Der neue Jerry-Leger-Sound

Jerry Leger Donlands Cover Latent Recordings

Für sein neues Album „Donlands“ – benannt nach der Straße im East End von Toronto, wo das Album im ehemaligen Donlands Theatre aufgenommen wurde – griff Jerry Leger erneut auf die Dienste seiner Begleitband The Situation zurück. Neben Bassist Dan Mock, Schlagzeuger Kyle Sullivan und Alan Zemaitis am Keyboard steuerte noch Tontechniker Aaron Goldstein Parts an Gitarre und Pedal Steel bei. Als Produzent fungierte sein Landsmann Mark Howard, der schon mit Lucinda Williams, Bob Dylan, Tom Waits und Neil Young gearbeitet hat. Wie eigentlich immer hat Leger die Songs fast durchgängig live aufgenommen, nur wirkt der Sound auf „Donlands“ offener, direkter, mithin auch intimer, die einzelnen Instrumente freier. Man kommt kaum mehr aus dem Staunen heraus, ob der Songwriterkunst Jerry Legers. Zehn Songs, zehn Highlights.

Auf den Spuren von John Lennon

Der verträumt-sehnsüchtige Opener „Sort Me Out“ gemahnt an Roy Orbison, in „I Was Right To Doubt Her“ findet er sich in gespenstischen Folk-Noir samt geisterhafter Orgel wieder, während das Barmen einen ersten Höhepunkt in „I’ll Stay“ bietet. Besser könnte der Einstieg mit diesen drei Songs kaum sein, aber es geht immer so weiter. Das filigrane Schwärmen im von Sounds & Books zum Song des Tages gekürten „Three Hours Ahead Of Midnight“, der ganze Gefühlsüberschwang in „The Flower And The Dirt“, die herzenzschöne Pianoballade „Wounded Wing“. Hach, das ist alles über die Maßen erhebend. Und mit „Out There Like The Rain“ hat Leger einen der wohl besten John-Lennon-Songs, den John Lennon nie geschrieben hat, aufgenommen.

Es ist ein großes Vergnügen, Jerry Leger als Songwriter wachsen zu sehen, seine nuancierten Veränderungen wahrzunehmen. Wie soll das noch weitergehen gehen, wenn man bei jeder neuen Platte von einer neuen, bisherigen Krönung seines Schaffens schreiben muss? Wieder mal ein Album für die vorderen Platzierungen einer Jahresendliste.

„Donlands“ von Jerry Leger erscheint am 27.10.2023 bei Latent Recordings. (Beitragsbild von Laura Proctor)   

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